„Elli muß meiner Meinung nach schon diesen Herbst in die Schule … meiner Meinung nach ist es jetzt nicht mehr zu vermeiden … wenn sie für immer hier zu Hause bleibt, lernt sie nie menschliche Manieren. Hast du gesehen, wie sie sich im Beisein der Gäste verhalten hat … man muß sich für sie schämen, und wir werden sehen, ob man sie noch ändern kann. Aber man muß sein Bestes versuchen!“
„An welche Schule dachtest du …“
„Wenn genug Geld da wäre, würde ich sie in das gleiche Pensionat schicken, in dem Tyyra ist, aber das wird zu teuer. Aber ich habe gedacht – und August war der gleichen Meinung –, daß es angebracht wäre, Elli in die schwedische Schule der Stadt zu schicken, wo beinahe nach der gleichen Methode unterrichtet wird wie in der Hauptstadt. Und ich finde, daß es eine gute Methode ist.“
„Aber ist sie denn so gut?“
„Warum sollte sie es nicht sein?“
„Ja, ich weiß ja nicht mehr als das, was ich gesehen habe. Es gefiel mir nicht sehr – ich weiß nicht, ob es die Schuld der Schule oder der Eltern ist, aber mir gefiel die Erziehung dieser Tyyra nicht sehr …“
„Sie gefiel dir nicht? Das ist aber komisch! Meiner Meinung nach ist sie eines der am besten erzogenen Mädchen, die ich je gesehen habe! Wenn ich Elli die gleiche Erziehung angedeihen lassen könnte, wäre ich glücklich … Das … das wundert mich wirklich sehr!“
Anfangs wollte Elli es gar nicht glauben, daß man sie in die Schule schicken würde, daß sie eine lange Reise machen, auf einem Dampfschiff fahren und in die Stadt kommen würde. Aber als die Mutter ihr dann versicherte, daß der Vater es beschlossen hatte, hüpfte das Mädchen vor Freude über den Boden.
„Findest du es so schön?“
„Ja, ja! … Ich kann ja sonst nie so weit, kaum weiter als bis dahin, wo die Landstraße verschwindet … und mit einem Dampfschiff?“
„Ja, und du wirst die Stadt sehen.“
„Ich werde die Stadt sehen!“ Das klang auch sehr schön, auch wenn sie sich noch nicht richtig vorstellen konnte, was für eine Stadt es war. Aber sie kam nicht dazu, darüber nachzudenken.
Sie drehte sich auf dem Absatz um, eilte hinaus und rannte an den Strand zu ihrem Boot. Und dort ließ sie mit dem Riemen das Wasser spritzen … höher als je zuvor. Sie blieb aber nicht lange am Strand. Sie sah auf der Wiese am Waldrand die Kälber und eilte zu ihnen. Als sie dort mit wehendem Rock angekommen war, jauchzte sie vor Freude, klatschte in die Hände, so daß die Tiere erschraken und in alle Richtungen auseinanderstoben.
In der Nacht konnte sie nicht schlafen. Alles mögliche ging ihr durch den Kopf, aber nichts blieb haften. Vor allem die Stadt wurde nicht greifbar. Endlich begann sie aber doch zu begreifen, daß die Stadt sich auf einem hohen Hügel befand … so wie Iinmäki … auf dem viele Häuser standen, deren Dächer im Tageslicht schimmerten und deren Fenster glänzten … Und dieses Bild blieb ihr im Gedächtnis, so fest, daß sie die Mutter beim Frühstück nicht genauer danach fragte.
Dienstag, 31. Oktober 2023
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5. Kapitel (G)
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Die ganze Zeit über, in der sie Richtung Stadt fuhren, hatte Elli ein Bild im Kopf, das sich ihr eingeprägt hatte. Je näher das Schiff der S...
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„Sie erträgt es nicht, daß du sie immer tadelst … du mußt damit aufhören …“ „Sie muß es ertragen! So eine Frechheit! Oder ist dieses Benehm...
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