Der Vater fuhr das Mädchen sofort ruppig an, oft war es überhaupt nicht angemessen. Das Mädchen gehorchte dann, starr und ohne ein Wort zu sagen. Doch danach war es für die Mutter noch schwieriger mit ihr. In dem Verhalten des Mädchens war immer etwas, das aussah, als würde sie etwas verachten, und dann wieder, als hätte ihr jemand ein Unrecht getan. Dann, eines Abends, als die Mutter im Bett wachlag und nachdachte, kam ihr Gedanke, daß sie das Mädchen vielleicht in die Schule schicken sollten, und sie hatte sofort das Gefühl, daß sie das tun sollten. Sie erkannte an diesem Abend noch nicht den Grund, doch es kam ihr so vor, als wäre es am besten. Doch als sie am Morgen erwachte, wirkte die Sache so unmöglich, daß sie sich fragte, wie sie darauf hatte kommen können. Tagsüber dachte sie darüber nach und überlegte hin und her. Aber am nächsten Abend beschloß sie trotzdem, daß sie am nächsten Morgen mit dem Vater darüber reden würde …
Natürlich wäre es für Elli am besten, von zu Hause wegzukommen … um etwas zu lernen … und an vielen Orten war es ja schon üblich, daß auch Mädchen etwas lernten, so wie die Jungen. Und wenn sie es sich richtig überlegte – dann konnte ein Mädchen, das einen Kopf hatte, genauso viel leisten wie ein Junge – die hatten oft schlechtere Köpfe als Mädchen. Und die Mutter glaubte nicht, daß Elli dumm war, obwohl sie keine Freude an Hauswirtschaft hatte … es würde ihr auch nicht schaden, wenn sie es versuchte …
Die Mutter wußte schon im voraus, was der Vater antworten würde, und sie wußte auch, daß sie seinen Gründen nicht widersprechen könnte …
Elli in die Schule? Warum soll sie nicht zu Hause sein? Sie sollte lesen und schreiben lernen, so gut es für Frauen nötig war, die Rechtschreibung mußte nicht perfekt sein … und das konnte ihr auch der Vater beibringen.
„Aber du siehst doch selbst, wie sie ist … sie hat zu nichts Lust … und ich denke nur, wenn sie lesen dürfte …“
„Davon würde es auch nicht besser werden … da bin ich ganz sicher … ich kenne die Frauen besser als ihr euch selbst …“ Und mit diesen Worten ging der Vater wieder hinaus, und die Sache blieb auf sich beruhen.
Aber eines Tages kam Besuch ins Pfarrhaus. Natürlich weckte es große Aufmerksamkeit, wenn Gäste ins Pfarrhaus kamen … und noch mehr, wenn sie in einer zweispännigen Kutsche vorfuhren.
Sonntag, 22. Oktober 2023
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
5. Kapitel (G)
Und abends beim Schlafengehen, als der Vater schon gegangen war, bekam Elli, die in den kalten fremden Laken lag, eine solche Sehnsucht nach...
-
Der Vater tadelte sie wegen des zerrissenen Kleides, aber die Mutter war beinahe zufrieden, als sie sah, daß es Elli nichts ausmachte. Doch ...
-
Die ganze Zeit über, in der sie Richtung Stadt fuhren, hatte Elli ein Bild im Kopf, das sich ihr eingeprägt hatte. Je näher das Schiff der S...
-
„Sie erträgt es nicht, daß du sie immer tadelst … du mußt damit aufhören …“ „Sie muß es ertragen! So eine Frechheit! Oder ist dieses Benehm...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen